Wahrheit

Wahrheit

Es war dieser Moment, als ich bei meinen Eltern in der Küche stand, als es draußen dämmerte, und sich in der Fensterscheibe das Stillleben im Badfenster spiegelte. Ohne diesen Kontext würde mich vielleicht jemand des Fotoshops bezichtigen.. Und so verhält es sich mit der Wahrheit. Wahrheit ist stets an einen bestimmten Moment (hier: Dämmerung), Kontext (hier: Licht im Bad + kein Licht in der Küche + …) und an eine bestimmte Perspektive gebunden (hier: mich, denn vor mir hat dieses Bild niemand so gesehen und eingefangen).

Wahrheit setzt sich aus wahr und heit zusammen. wahr geht auf das althochdeutsche wāra, ´Bündnistreue, Schutz´ zurück. Aus dem Moment, Kontext und mir als Subjekt ergibt sich eine Art Bündnis, das mir Schutz und Sicherheit in diesen Moment bietet (das mittelhochdeutsche wāre bedeutete tatsächlich ´Vertrag’ und ´Sicherheit´). Daraus schöpfe ich ein Selbstvertrauen (dass ich die Dinge genauso sehe, wie ich sie sehe) und damit Vertrauen in die Welt. Nicht umsonst ist wahr mit dem altslawischen věra (Glaube, Zuversicht, Vertrauen) verwandt. Und was bedeutet –heit? Dieses grammatische Element trägt semantische Überreste von Stand, Art und Weise oder Person (also Subjekt, ich).

Wahrheit ist damit eine für einen kontreten Moment (eine bestimmte Zeitspanne) gültige Momentaufnahme. Ob sie außer mir noch für jemand gültig ist, kann kommunikativ geklärt werden. Sowieso wird sich ´meiner´ Wahrheit nur jemand anschließen, der sich sicher und geschützt in ihr fühlt..

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